Sonntag, 18. April 2010

Häuptling Seattles Rede

Foto der Skyline von Seattle mit dem Wahrzeichen der Stadt der "Space Needle"

Die Stadt Seattle im nordamerikanischen Bundesstaat Washington trägt den Namen von Häuptling Noak Seattle vom Stamm der Duwamish-Indianer. Vermutlich 1786 auf Blake Island geboren, starb er am 7. Juni 1866 im Duwamish-Reservat. 1854 hielt er eine Rede von etwa einer halben Stunde Dauer vor dem Gouverneur des Washington-Territoriums. Die Rede wurde nicht niedergeschrieben, doch von mehreren Quellen mündlich überliefert, später aufgeschrieben. Hier meine Übersetzung aus dem Englischen einer verkürzten Fassung des Textes von Dr. Perry, welche bei Expo '74 in Spokane im Bundesstaat Washington veröffentlicht wurde. Der Stamm der Duwamish-Indianer erlosch vor genau 100 Jahren.

Häuptling Seattles Rede:

Der Präsident in Washington läßt uns wissen, dass er wünscht, unser Land zu kaufen. Aber wie kann man den Himmel verkaufen oder kaufen? Dieser Gedanke ist uns fremd. Da uns die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht gehören, wie kann man es kaufen?

All dies Land ist meinem Volk heilig. Jede glänzende Piniennadel, jeder Sandstrand, die Nebel in den dunklen Wäldern, jede Wiese, jedes summende Insekt. All dies sind gelebte Erfahrungen meines Volkes und heilig. 

Wir wissen von dem Saft, der in den Bäumen aufsteigt, so wie wir von dem Blut wissen, welches durch unsere Adern fließt. Wir sind Teil der Erde und sie ist Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern. Der Bär, der Hirsch, der große Adler, sie sind unsere Brüder. Der felsige Höhengrat, der Tau auf der Wiese, der warme Leib eines Pferdes und der Mensch. Wir alle gehören zur selben Familie.

Das im Sonnenlicht blinkende Wasser der Flüsse und Bäche, ist nicht einfach Wasser, es ist der Lebensquell unserer Vorfahren. Wenn wir euch unser Land verkaufen, dürft ihr nicht vergessen, es ist heilig.

Jeder Lichtstrahl, der sich auf der Wasserfläche des Sees spiegelt, erzählt von Begebenheiten und Erfahrungen im Leben meines Volkes. Das Murmeln des Wassers ist die Stimme des Vaters meines Vaters.

Die Flüsse sind unsere Brüder. Sie löschen unseren Durst. Sie tragen unsere Boote und nähren unsere Kinder. Behandelt den Fluß als Freund, als Bruder. 

Wenn wir unser Land verkaufen, denkt daran, die Luft ist uns kostbar, sie teilt ihren Geist mit allem Leben. Der Wind gab unseren Vorfahren den ersten Atem und er nahm den letzten Seufzer ihres verlöschenden Lebens auf. Der Wind haucht unseren Kindern das Leben ein. 

Wenn wir unser Land verkaufen, müsst ihr es belassen und es ehren als einen Ort, wo der Mensch den Wind schmecken kann, wenn er süß vom Duft der Blumen in den Wiesen heranweht. 

Werdet ihr eure Kinder lehren, was wir unsere Kinder gelehrt haben? Dass die Erde unsere Mutter ist? Krankheiten, welche die Erde befallen, befallen ebenso alle Geschöpfe dieser Erde. Dies wissen wir: die Erde gehört nicht den Menschen, der Mensch gehört zur Erde. Die Erde ist kostbar und ihr schaden heißt der Schöpfung schaden.

Euer Gehabe ist uns ganz unverständlich. Was geschieht, wenn alle Büffel abgeschlachtet sind? Wenn das wilde Pferd gezähmt ist? Was wird geschehen, wenn alle geheimen Orte im Wald schwer sind vom Geruch zu vieler Menschen, wenn Drähte die Sicht auf die reifen Hügel verstellen? Was wird aus dem undurchdringlichen Dickicht? Es wird nicht mehr sein! Wo wird der Adler sein? Fort! Und was, wenn dem flinken Pferdchen nimmerwiedersehen gesagt wird? Vorbei? Das ist das Ende des Lebens und der Beginn des Überlebens.

Wenn der letzte Rote Mann verschwunden ist mit der Wildnis, wenn die Erinnerung an ihn nurmehr wie der Schatten einer Wolke ist, die im Himmel über die Prärie zieht, werden dann diese Küsten und Wälder noch sein? Wird vom Geist meines Volkes irgend etwas bleiben?

Wir lieben diese Erde, so wie ein neugeborenes Kind den Herzschlag der Mutter liebt. Wenn wir unser Land verkaufen, achtet es, wie wir es geachtet haben. Sorgt für diese Erde, wie wir für sie gesorgt haben. Vergeßt nicht, erinnert euch, wie es war dieses Land, als ihr es erhieltet. Hegt dieses Land für alle Kinder, und liebt es, so wie der Schöpfer uns liebt.

So wie wir ein Teil dieses Landes sind, so seid ihr ebenfalls Teil dieses Landes. Diese Erde ist uns kostbar. Sie ist auch euch kostbar. Wir wissen, es gibt nur einen Schöpfer. Kein Mensch, sei er rot oder sei er weiß kann außerhalb der Schöpfung sein. Wir sind Brüder.

(zur Geschichte der Indianer Nordamerikas empfehle ich die Website www.indianer.de)

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