Donnerstag, 28. Januar 2010

Wabi-Sabi



Dieser japanische Ausdruck bezeichnet ein ästhetisches Konzept oder eine besondere Art der Wahrnehmung, welche sich in vielen -nicht nur japanischen- zeitgenössischen Künsten ausdrückt: im Kunsthandwerk, Design, Architektur, Poesie, Literatur und darstellenden Kunst, im Tanz, eigentlich in allen Lebensbereichen.

Der alte Wortsinn Wabi bezeichnet Armut, nicht in dem Sinne von Mangel, sondern von Nicht-Abhängigkeit von materiellen Reichtümern. Der heutige Sinn ist eher "Freude an der herben Schlichtheit der Dinge und Formen". Der alte Wortsinn von Sabi bedeuted Patina ansetzen. Der Ausdruck Wabi-Sabi läßt sich schwer übersetzen, da er ein schwebendes Gefühl, etwas "hinter den Dingen" ausdrücken will, keine konkrete physische Eigenschaft (das portugiesische Wort "saudade" ist ähnlich schwer faßbar).  

Ein Wabi-Sabi Objekt oder Gedicht gibt eine innere Haltung wieder, welche drei einfache Wahrheiten anerkennt: nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen, nichts ist perfekt. Ein Objekt oder ein Gedicht ist Wabi-Sabi, wenn es in uns eine sanfte Wehmut, das tiefe Wissen um die Vergänglichkeit aller Dinge, Kontemplation und Sensibilität erweckt. 

In den Wäldern drüben
tief unter der Last des Schnees
ist letzte Nacht
ein Pflaumenzweig erblüht

(altes japanisches Gedicht)


Auch diese Nacht geht vorüber

Diese Verlassenheit rings herum
der zitternde Schatten der Trambahndrähte
auf dem nassen Asphalt

Ich sehe die Köpfe der Kutscher
im Halbschlaf
schwanken

(Giuseppe Ungaretti, 20. Jahrhundert)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen