Mittwoch, 19. Januar 2011

Venus





Als die Venus neulich saße
    In dem Bade nackt und bloß
    Und Cupido auf der Schoß
Von dem Liebeszucker aße,
Zeigte sie dem kleinen Knaben
Alles, was die Frauen haben.

Marmelhügel sah er liegen,
    Von Begierden aufgebaut;
    Sprach zur Mutter überlaut:
Wann werd ich dergleichen kriegen,
Daß mich auch die Schäferinnen
Und die Damen liebgewinnen?

Venus lacht aus vollem Munde
    Über ihren kleinen Sohn,
    Denn sie sah und merkte schon,
Daß er was davon verstunde.
Sprach: Du hast wohl andre Sachen,
Die verliebter können machen.

Unterdessen ließ sie spielen
    Seine Hand auf ihrer Brust,
    Denn sie merkte, daß er Lust
Hatte, weiter nachzufühlen,
Bis ihr endlich dieser Kleine
Kam an ihre zarten Beine.

Venus konnte nichts mehr sagen
    Als: Du kleiner Bösewicht,
    Packe dich, du sollst noch nicht
Nach dergleichen Sachen fragen.
Wunden, die von Liebespfeilen
Kommen, die sind nicht zu heilen. 


Gedicht: Christian Hofmann von Hofmannswaldau, 17. Jhdt.

1 Kommentar:

  1. Ich glaube, dies ist auch eine Möglichkeit die Wunden zu heilen, die einem sensiblen Menschen zugefügt wurden.
    Aber mir erscheint die Wunde noch offen.

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