Dienstag, 7. September 2010

Das Leben ist schön


Unter der Sonne, auf der staubigen Landstraße, liegen Guido und Ferruccio unter ihrem Balilla mit abmontierter Motorhaube. Autopanne.

Stimme von Ferrucio:
Wo hast Du sie hingetan, die Schraube? Sie war hier.

Stimme von Guido:
Welche denn, diese hier?

Stimme von Ferrucio:
Welche Schraube? Das ist ein Nagel! Siehst du das nicht?

Stimme von Guido:
Wer hat den Nagel hierhingetan?

Stimme von Ferrucio:
Was weis denn ich? Der war da, auf der Straße. Gib mir die Schraube.

Stimme von Guido:
Aber welche denn? Hier liegen mindestens zehn Sorten Schrauben auf dem Weg.

Stimme von Ferrucio:
Die kleinste.

Stimme von Guido:
Welche, diese dicke Schraube?

Stimme von Ferrucio:
Aber ich hab dir doch gesagt: die kleine! Sag mal, warum tust du deinen Fuß nicht weg?

Stimme von Guido.
Welchen?

Stimme von Ferrucio:
Da ist sie, ich hab sie gesehen.

Stimme von Guido:
Wen denn?

Stimme von Ferrucio:
Die kleine Schraube.

Stimme von Guido:
Wo?

Stimme von Ferrucio:
Unter der dicken, und gib mir mal den Schraubenzieher.

Stimme von Guido:
Welchen Schraubenzieher?

Stimme von Ferrucio:
Den kleinen.

Stimme von Guido:
Wo ist er nur?

Stimme von Ferrucio:
Da beim großen.

Stimme von Guido:
Ich hab die kleine Schraube gefunden.

Stimme von Ferrucio:
Laß nur, sieh mal nach, ob du noch den Nagel rüber geben kannst.

Stimme von Guido:
Nein! Du hast mir doch gesagt, du brauchst ihn nicht. Da hab ich ihn weggeworfen.

Stimme von Ferrucio:
Hör mal her, tu mir einen Gefallen. Geh spazieren. So zehn Minuten, sonst sind wir um Mitternacht noch hier!

Dick von Staub bedeckt kriecht Guido unter dem Auto hervor. Er setzt seinen Hut auf den Kopf, um sich vor der Sonne zu schützen.

Guido:
Wenn ich den Nagel finde, soll ich ihn dir zuwerfen?

Ferrucio: 
Nein, nein..., laß mich nur zehn Minuten allein.

Auf seinen Füßen aufrecht stehend schaut Guido seine schwarzen Hände an, voll mit Ölschmier; mit den Augen sucht er etwas vor sich.

Guido:
Ich werd mir die Hände waschen.

Ganz in der Nähe steht eine alte Kate umgeben von Gemüsegärten und Ställen. Drei Kühe, zwei weiße und eine schwarze, sind auf dem Dreschplatz festgebunden. Die schwarze genau neben einem Wasserschlauch. Guido geht zum Schlauchende, hängt seine Weste und seinen Hut an einen Ast und beginnt den Pumpenschwengel zu drücken. Während er pfeift füllt er einen Eimer mit Wasser und wäscht sich die Hände. Das Wasser im Eimer wird schwärzer und schwärzer. Ganz in der Nähe sieht er ein Mädchen, welches eine weiße Kuh melkt. Er trocknet sich die Hände, wild in der Luft gestikulierend. Guido geht näher. Ein Pferd ist an eine Karre voller Gemüsekisten und Blumen gebunden. Neugierig schaut Guido um sich. Er ist fröhlich.

Guido:
Hee Mädchen... wo ist deine Mama, wo ist sie? Hat deine Mama all diese Sachen hierhingestellt?

Eleonora:
Nein, die junge Herrin.

Guido:
Kann man hier etwas kaufen? Was ist das, ein Markt? Wo ist deine Mama? Wie alt bist du? Ich stelle dir zu viele Fragen, nun eine einzige: wie heißt du?

Eleonora:
Eleonora.

Guido verbeugt sich graziös, macht eine Referenz.

Guido:
Höchst erfreut. Ich bin der Prinz Guido!

Eleonora:
Der Prinz?

Guido:
So ist es, ich bin ein Prinz! Hier gehört mir alles; im Prinzip, hier beginnt das Prinzipat des Prinzen. Wir nennen diesen Ort Addis-Abbeba. Zum Teufel mit den Kühen, nichts als Kamele. Zum Teufel mit den Hühnern, nichts als Straußenvögel! Gefällt dir das, Eleonora?

Guido ist fasziniert über den schönen Haufen Eier im Korb.

Guido:
Die Eier sind frisch? Wieviel kosten sie?

Er nimmt sechs.

Eleonora:
Ich weiß es nicht, Herr Prinz.

Guido:
Ich kaufe sechs davon. Machen wir einen Tausch: magst du Schokolade?

Eleonora:
Sehr.

Guido geht zu seiner Weste, läßt die sechs Eier in die Tasche gleiten und zieht eine Schokoladentafel aus der kleinen Westentasche. Er bückt sich und tut so, als ob er sie ausgräbt, gibt sie dem Mädchen.

Guido:
Hier.

Er sieht einen Eimer mit Milch neben der weißen Kuh...
In der Zwischenzeit geht er zur schwarzen Kuh, wobei er nebenbei den Eimer mit dem schmutzigen Wasser nimmt. Er tut so, als ob er die Kuh melkt.

Guido:
Oh, schau nur! Die schwarze Kuh gibt Kaffee. Die weiße gibt Milch, die schwarze Kaffee.

Eleonora kommt, um zu schauen. Sie ist verblüfft. In der Tat, der Eimer ist voll mit einer schwarzen Flüssigkeit. Guido macht sich bereit wegzugehen, bevor er sich zu seiner Weste und dem Hut wendet, er hält unter dem Dach des Hauses an, um das Mädchen zu grüßen.

Guido:
Wenn man mich sucht, sag, dass der Prinz hier war. Ich werde nun der Prinzessin einen Besuch abstatten.

Eleonora:
Wann?

Guido: 
Jetzt.

Ein Schrei.

Stimme von Dora:
Ahh!

Im Taubenschlag haben Wespen eine junge Frau gestochen, genau über Guidos Kopf. Sie verliert das Gleichgesicht und fällt in die Arme von Guido, während die Tauben forfliegen und dabei einen ohrenbetäubendenden Lärm machen. Die beiden rollen auf den Boden, auf das Stroh. Sie liegt auf ihm, sie hat eine kleine Schleiermaske vor dem Gesicht.

Guido -lächelnd-:
Guten Morgen Prinzessin.

Dora:
Mein Gott, ich wollte dies Wespennest ausbrennen... die haben mich gestochen.

Sie dreht sich zur Seite. Der Schleier fällt.

Dora:
...Glücklicherweise waren sie da! Oje.

Sie reibt ihren Schenkel gerade über ihrem Knie. Guido liegt neben ihr.

Guido:
Eine Wespe hat sie gestochen? Mit Verlaub.

Er schiebt die Hand der jungen Frau von ihrem Schenkel fort und drückt seinen Mund auf den Stich. Er saugt und spuckt aus.

Guido:
Man muss das Gift wegnehmen, pfff... sofort! Das ist gefährlich! Pfff... Legen sie sich hin Prinzessin... Pfff. Mindestens eine halbe Stunde... Pfff!

Lächelnd schiebt sie ihn fort und steht auf. Auch er steht auf.

Dora:
So was, Danke, es ist vorbei!

Guido:
Hat sie sie auch woanders gestochen?

Sie nimmt ihren Schleier vom Boden.

Dora:
Nein, danke.

Guido lacht und schaut in den Himmel.

Guido:
Wo sind wir nur? Aber das ist ja ganz herrlich hier: die Tauben fliegen, die Frauen fallen vom Himmel! Hier bleibe ich!

Eleonora, Schokolade essend, lächelt:

Eleonora:
Alles gehört ihm! Er läßt die Kuh Kaffee für ihn machen, schau! Er ist ein Prinz!

Dora geht zum Eimer, sie ist etwas schüchtern, aber neugierig auf diesen lustigen Kerle.

Guido:
Die reine Wahrheit. Der Prinz Guido zu ihren Diensten, Prinzessin!

Dabei verbeugt er sich mit der galantesten aller Referenzen. Dora lächelt, während auf der Straße die Hupe des Barilla ertönt.

Guido:
Jetzt, ich komme!

Er zieht sich seine Weste über, und ohne dass es jemand merkt, nimmt er einen Krug und versteckt ihn hinter seinem Rücken. Er dreht sich um und setzt den Hut auf. 

Guido:
Salut, Eleonora, trink nicht diesen Kaffee, heee!

Dann hebt er seinen Hut, immer noch den Krug hinter seinem Rücken versteckend, grüßt das Mädchen.

Guido: 
Prinzessin...

Die Hupe hupt, das Auto fährt an. Guido beeilt sich, will zu seinem Freund der am Steuer sitzt.

Guido:
Hier bin ich, Nuvolari... Heute Abend, Omlett..., nur Straußenvögel hier!

Der Barilla fährt fort. 
Dora und Eleonora schauen sich an und lächeln.

(Roberto Benigni und Vincenzo Cerami)








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