Montag, 8. Februar 2010

under der linden






Under der linden

an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.

Ich kam gegangen
zuo der ouwe:
dô was mîn friedel komen ê,
dâ wart ich empfangen
hêre frouwe
daz ich bin saelic iemer mê.
kust er mich? wol tûsentstunt:
tandaradei,
seht wie rôt mir ist der munt.

Dô hete er gemachet
alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
des wirt noch gelachet
inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
bî den rosen er wol mac
tandaradei,
merken wâ mirz houbet lac.

Daz er bî laege,
wesse ez iemen
(nu enwelle got!), so schamte ich mich.
wes er mit mir pflaege,
niemer niemen
bevinde daz wan er und ich
und ein kleines vogellin:
tandaradei,
daz mac wol getiuwe sîn.

(Walter von der Vogelweide)

Unter der linden 
an der heide,
da unser zweier bette war,
da möget ihr finden 
schöne beide
gebrochen blumen und gras,
vor dem walde in einem tal,
tandaradei.
schöne sang die nachtigall.

Ich kam gegangen
zu der aue:
da war mein friedel kommen eh',
da ward ich empfangen,
hehre fraue,
daß ich bin selig immermeh'.
küßt' er mich? wohl tausendstund:
tandaradei,
seht wie rot mir ist der mund.

Da hat er gemachet
also reiche
von blumen eine bettstatt.
des wird noch gelachet
innigliche,
kommt jemand an denselben pfad.
bei den rosen er wohl mag
tandaradei,
merken wo mein haupt lag.

Daß er bei mir lag,
wüßt' es jemand
(wahre gott!), so schämte ich mich.
was er mit mir pflegte,
nimmer niemand
befinde das als er und ich
und ein kleines vögelein:
tandaradei,
das mag wohl getreue sein.

(mein Übersetzungsversuch in neues Deutsch)

Dies Gedicht las ich zum ersten Mal im Deutschunterricht, als ich 16 Jahre jung war, im mittelhochdeutschen Original.  Es ist seitdem mein liebstes Liebesgedicht geblieben.

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